Mehr als ein Spiel: Jump ‘n’ Tampon Run
Tampons werfen für eine bessere Gesellschaft
2010, noch nicht allzu lange her, gab es erstmals eine Werbung, die die Regelblutung nicht mit einem Blümchen oder einer blauen Flüssigkeit darstellte – sondern mit einem roten Punkt. Inzwischen scheint eine Generation YouTuberinnen herangewachsen zu sein, die sich des Themas annehmen, Produkte testen und How-To-Videos drehen.
Mit Tampon Run gibt es jetzt erstmals ein Computerspiel. Es ist das Abschlussprojekt der Schülerinnen Andrea Gonzales und Sophie Houser und ihrer Teilnahme an Girls Who Code. Sogar einen gibt es, denn ihr Ziel ist mehr als nur ein Spiel. Menstruation sei noch immer ein Tabu und das Projekt solle einen neuen, niedrigschwelligen Zugang zum Reden geben.
Das Spiel ist relativ einfach und erfordert nur hüpfen und Tampons werfen. Keine Periondenprodukte dabei zu haben ist für potentiell menstruierende Menschen selten eine gute Idee, hier bedeutet es gleich: Game Over. Die bezopfte Protagonistin läuft eine Straße (Achtung, für Mädchen immer gefährlich) entlang und muss sich einer Klonarmee in Käppis erwehren, die ihre Tamponmunition klauen wollen. Einige sind so schnell oder erscheinen aus dem Nichts, so dass kaum Zeit bleibt, sich zu wehren. Abseits aller Spielmechaniken erinnert dies durchaus an erlebte Übergriffe.
Vor genau einer Woche ist es fertig geworden und damit quasi mitten in #GamerGate, die Debatte um neue Spieleentwickler_innen und Kriegsrhetorik. In der Einführung zu Tampon Run bringen Gonzales und Houser einen pointierten Kommentar:
Auch wenn das Konzept von Videospielen merkwürdig sein mag, ist es noch merkwürdiger, dass unsere Gesellschaft Waffen und Gewalt durch Videospiele akzeptiert und normalisiert hat, aber wir Tampons und Menstruation noch immer unaussprechlich finden.
Vermutlich war der Text schon vor den aktuellen Ereignissen fertig, dennoch beleuchtet er den Standpunkt junger Frauen, die mit den modernen Computerspielen aufgewachsen sind und ihr eigenes Leben dort nicht repräsentiert sehen. Wie bei Depression Quest oder Mainichi nutzen die Macherinnen die Möglichkeiten von Computerspielen und erweitern eine gesellschaftliche Debatte – nach roten Werbepunkten und Tampontutorials wird die sprichwörtliche Sprengkraft von Hygieneprodukten erlebbar.
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